Interview mit dem Tippmeister
Frank Knecht
Bild_F.Knecht
Tippmeister:
2001/02 R, 2002/03 R, 2003/04 H, 2004/05 H, 2011/12 R, 2013/14 H, 2017/18 R, 2018/19 H

Die letzten zehn Platzierungen:


Tipprunde
Platz

2018-19 Rück 1.

2018-19 Hin 3.

2017-18 Rück 1.

2017-18 Hin 3.

2016-17 Rück 3.

2016-17 Hin 2.

2015-16 Rück 2.

2015-16 Hin 11.

2014-15 Rück 3.

2014-15 Hin 2.

 Die Fragen stellte Urs Bruder  -  Juli 2019

Hallo Frank! Es ist ja nun das zigste Interview mit Dir. Diesmal möchte ich vor allem der Frage auf den Grund gehen, wie Du diese unglaubliche Kontinuität zustande bringst. Aber erst mal Glückwunsch zur achten Tippmeisterschaft, absolut souveräner Auftritt!! Damit bist Du auch in der Rekordmeisterschaft gleichgezogen.
Frank:
Vielen Dank, die ganze Tipprunde ist nahezu optimal gelaufen und die Belohnung war, mit Dir in puncto Rekordmeisterschaft gleichzuziehen. Stichwort Kontinuität. Ich wundere mich selbst, dass ich so konstant vorne dabei bin. Mache bei der Recherche im Prinzip nichts anderes als die meisten anderen Tipper und am Ende ist es das Bauchgefühl und das notwendige Quäntchen Glück, das einfach dazu gehört.
In den letzten zehn Tipprunden warst Du nur einmal nicht unter den ersten Drei!! Es gibt niemanden der auch nur annähernd so konstant erfolgreich ist. Gerade diese Konstanz beweist, dass Dein Erfolg kein Glück ist, es muss einen Grund dafür geben.
Ich habe mal frühere Aussagen von Dir durchstöbert. Vor vielen Jahren erklärtest Du in einem Interview, damals noch in Papierform, Du würdest regelmäßig die Spielberichte lesen. In jüngerer Zeit sagtest Du, Du hättest ein Sky Abo und benutzt die Kicker App. Du bist also recht gut informiert, aber das sind natürlich auch viele andere. Ich habe auch Deine statistischen Werte (die man mit einem Klick auf den Tippernamen abfragen kann) mit anderen erfolgreichen Tippern verglichen. Auch da eigentlich keinerlei Auffälligkeiten. Einzig bemerkenswert, Du machst vergleichsweise viele Punkte mit 0:0-Tipps und holst geringfügig mehr Punkte mit Unentschieden und Auswärtssiegen als die meisten anderen, im Prinzip tippst Du aber völlig "unauffällig".
Was Du bei Deinen Interviews aber immer wieder betont hast, ist das Bauchgefühl. Meine kleine Analyse kommt also zu dem Schluss: Dein Bauchgefühl macht den Unterschied.
Was aber ist Bauchgefühl genau und wie hört man richtig darauf?
Frank:
Diese Statistik hatte ich gar nicht so auf dem Schirm... Die Frage nach dem Bauchgefühl ist schwer zu beantworten. Wenn man den Sport intensiv verfolgt, hat man eben ein Gespür für die Begegnungen. Glücklicherweise trifft es bei mir oftmals dann auch so ein, aber ich kann es mir manchmal selbst nicht erklären... Sorry, mehr fällt mir dazu nichts ein...;-)
Sicherlich bekommt man ein gutes Bauchgefühl nur wenn man gut informiert ist, aber gut informiert sind schließlich auch die anderen Tipper. Auch wenn ich nerve, ich würde das gerne noch etwas genauer wissen. Bei Wikipedia heißt es sinngemäß: "Intuition ist die Fähigkeit, ohne Gebrauch des Verstandes, Einsichten in Sachverhalte zu erlangen." Man trifft Entscheidungen also nicht mit dem Verstand.
Mich würde interessieren, wie bei Dir so eine Tippabgabe abläuft? Schaust Du Dir, bevor Du mit einem Tipptag beginnst, die Tabellen und Statistiken an oder machst Du das für jedes Spiel extra? Tippst Du den ganzen Tipptag auf einmal oder stückelst Du? Atmest Du vielleicht nach jedem Tipp kurz durch und hörst auf Dein Bauchgefühl oder hast Du sonstige Rituale? Änderst Du getippte Spiele noch einmal, wenn Dein Bauchgefühl sich meldet oder lässt Du einmal getippte Spiele grundsätzlich so wie sie sind?
Frank:
Dann gebe ich mal einen Einblick in meine Abläufe... Als Fußballinteressierter hat man die Tabellen sowie die aktuelle Formkurve der Teams soweit im Kopf parat und auf dieser Basis tippe ich den ganzen Tipptag im Voraus in einem Zug durch. Manchmal lasse ich einzelne, aus meiner Sicht knifflige Spiele zunächst kurz außen vor, um auf diese am Ende noch mal gedanklich etwas intensiver einzugehen. Wenn die Spiele einmal getippt sind, verändere ich grundsätzlich nichts mehr, auch wenn ich bei eher riskanteren Tipps zwischenzeitlich noch mal ins Grübeln gekommen bin.
Danke für diese interessanten Einblicke. Wenn ich Deinen Tippvorgang mit meinem vergleiche, gibt es da doch Unterschiede. Bemerkenswert auch, dass Du einmal getippte Spiele nicht mehr änderst. Ich glaube das halten einige Tipper anderes, mich eingeschlossen. Nun gut, zusammenfassend könnte man vielleicht sagen: Wer ein Tippchampion werden will, muss sehr gut informiert sein und einen Sinn für sein Bauchgefühl entwickeln.
Das letzte Interview mit Dir fand vor fast genau einem Jahr statt. Seither hat sich in puncto Nationalmannschaft und Kickers Offenbach ja einiges getan. Der von Dir schon vor Jahren kritisierte Jogi Löw, setzt, nachdem er sich lange mit Händen und Füßen dagegen gewehrt hat, nun tatsächlich auf eine neue Spielergeneration. Bist Du damit zufrieden und glaubst Du, dass wir jetzt wieder Titel holen?
Frank:
Joachim Löw hätte spätestens nach der WM 2018 Platz für einen kompletten Neuanfang machen müssen. Allerdings hat er diesen Zeitpunkt nun leider verpasst, wobei der DFB aufgrund der Vertragslaufzeit 2022 aus finanziellen Gründen der Mut gefehlt hat. Allein die vorzeitige und total unnötige Vertragsverlängerung über die EM 2020 spricht für die Kompetenz des ehemaligen DFB-Präsidenten Grindel... Eine richtige Alternative war nicht verfügbar, sodass Herr Löw weiter werkeln durfte. Geändert hat er zunächst nur unwesentliches, Khedira und Özil waren ohnehin nicht mehr tragbar, sodass erst der Abstieg aus der unbedeutenden Nations League für einen Umschwung sorgte. Dies war aus der Not heraus notwendig, um seinen Job zu retten. Ob's aus Überzeugung geschehen ist, weiß er nur selbst. Das anschließende Aussortieren von Müller und Hummels geschah auf fragwürdige Weise, zumal Hummels sportlich wieder in die Nationalmannschaft gehört. Verdiente und dazu nicht zu alte Spieler für alle Zeit auszusortieren und damit den Leistungsgedanken außer Kraft zu setzen ist schon fragwürdig. Nun ja, Herr Löw darf schalten und walten wie er will, da beim DFB keine Persönlichkeit vorhanden ist und Herr Bierhoff im gleichen Boot sitzt. Mit der neu formierten Abwehr wird bei der nächsten EM keine Titelchance bestehen, wobei unser Kader durchaus Potenzial fürs Viertelfinale hat. Allerdings sollte Herr Löw bei vorzeitigem Ausscheiden endgültig nicht mehr zu halten sein, Vertrag hin oder her. Leider ist Jürgen Klopp noch bis 2023 gebunden, aber Alternativen zu Herrn Löw gibt es sicher genug. Diese selbstherrliche Art ist mir einfach zuwider geworden.
Du glaubst also, die deutsche Abwehr sei nicht stark genug. Mit Spielern wie Süle, Tah, Kehrer, Klosterman, Halstenberg oder Baumgartl haben zuletzt mehrere junge Abwehrspieler auf sich aufmerksam gemacht und werden voraussichtlich demnächst Erfahrung in der Nationalmannschaft sammeln dürfen. Ist von daher der Blick auf die WM 2022 zu richten?
Frank:
Das sind natürlich Spieler mit einer ordentlichen Qualität und dazu auch noch entwicklungsfähig. Nach dem WM-Desaster wird die EM schon ein Gradmesser werden und kann nicht allein als Entwicklungsschritt für die nächste WM angesehen werden. Es werden in Fußball-Deutschland Ergebnisse verlangt und grundsätzlich sollen die besten Spieler eingesetzt werden. Ein Hummels als Führungsspieler im Abwehrzentrum würde den jungen Spielern sicher guttun. Grundsätzlich glaube ich, dass ein Titelgewinn in den nächsten Jahren utopisch ist, da wird auch die Heim-EM nichts bringen. Wir haben zwar derzeit ein gutes Spieler Reservoir in der Breite, aber für einen Titel braucht es Spitzenqualität und mehr individuelle Klasse. Die haben wir meines Erachtens nicht und auch in den U-Bereichen 17 und 19 soll es Nachholbedarf geben bzw. nichts entwachsen. Im Sturm haben wir nun auch nicht unbedingt die klassischen Stürmer parat.
Im U17 und U19 Bereich scheint nach derzeitigem Stand tatsächlich nicht viel zu kommen. Aber gut, Themawechsel.
Die Bayern sind gerade zum siebten Mal in Folge Deutscher Meister geworden, von Spannung im Titelkampf kann schon lange keine Rede mehr sein. Gleichzeitig langweilt auch die Gruppenphase der Champions League, in der die "2. Reihe" mit den Top-Teams nur selten mithalten kann. Wäre es von daher nicht folgerichtig, die angedachte Super-League, in der die besten europäischen Vereinsmannschaften im Liga Modus gegeneinander antreten, endlich Wirklichkeit werden zu lassen?
Frank:
Die Super League wäre für die Topvereine sicher die Wunschlösung. Allerdings müssten sich diese Vereine ein Stück weit von der UEFA abkapseln, was diese mit aller Macht zu verhindern wissen würde. Es sind Unsummen, die die Champions League bewegt und das Interesse des Verbandes bzw. der handelnden Personen ist, weiter Geld zu scheffeln, um die kleineren Verbände mit partizipieren zu lassen und natürlich am Ende wiedergewählt zu werden. Es wird demzufolge meines Erachtens keine Konkurrenz zur Champions League geben und den nationalen Ligen würde das auch nicht besonders guttun.
Bei Deinem Interview vor einem Jahr prognostiziertest Du dem OFC eine schwache Saison und hättest Dir gewünscht, dass man einen personellen Schnitt gemacht hätte, da schon in der Saison 2017/18 abzusehen gewesen war, dass der Kader zu schwach ist aufzusteigen. Dieser personelle Schnitt ist nun erfolgt. Was hältst Du von den Entwicklungen am Bieberer Berg und glaubst Du, dass die Rückkehr in die 3. Liga jetzt gelingen kann?
Frank:
Zunächst einmal bin ich froh, dass sich scheinbar seriöse Gönner/Kickersfreunde gefunden haben, die mittelfristig in den OFC investieren möchten. Die letzte Saison hat offenbart, dass die Qualität der Mannschaft für den Aufstieg nicht gegeben war und die Chemie mit dem neuen Trainer nicht gestimmt hat. Das Tabularasa war notwendig, auch wenn ich Endres aufgrund seines Leistungsniveaus gehalten hätte und vom Trainer/Manager nicht sonderlich überzeugt bin. Es war allerdings richtig, die Abfindungen zu sparen und dieses Geld in den Spieleretat fließen zu lassen. Die fehlende Qualität der bisherigen Mannschaft wurde nun auch von den Verantwortlichen wahrgenommen und die gezogenen Schlüsse (mehr Geschwindigkeit und Führungspersönlichkeiten) erscheinen vielversprechend. Werde mir bei Gelegenheit ein Bild von der neuen Truppe machen und hoffe, dass die Neuverpflichtungen tatsächlich die notwendige Qualität mitbringen. Auf dem Papier sieht es ganz ordentlich aus, aber Mannschaften wie Homburg, Saarbrücken oder Elversberg haben überraschenderweise noch höhere Etats und werden starke Konkurrenten sein. Mit Leistung gilt es nun die Fans aus ihrer Lethargie zu erwecken und mit erfrischendem, offensivem Fußball mitzureißen. Dann entsteht schnell eine neue Euphorie und die kann mit für eine erfolgreiche Saison sorgen. Ob es dann zum Aufstieg reicht werden wir sehen, aber es muss eine Aufbruchsstimmung erzeugt werden. Gut finde ich, dass die finanziellen Mittel wohl auch die nächsten zwei Jahre bereitzustehen scheinen, um nicht in dieser Saison "all in" zu gehen. Mit entsprechender Geduld sehe ich den OFC spätestens in 3 Jahren wieder in der 3. Liga, wobei ich persönlich spätestens 2021 dies verwirklicht sehen möchte...
Das hört sich doch gar nicht so schlecht an! Zum Abschluss noch mal zurück zur Tipliga. Wen siehst Du kommende Tipprunde bei der Titelverteidigung als Deine größten Konkurrenten?
Frank:
Über eine Titelverteidigung denke ich nicht wirklich nach, denn da muss alles passen und die Konkurrenz ist groß... Allen voran Robin Kaiser traue ich den großen Wurf zu. Auch mit AndiB und Dir ist mit Sicherheit zu rechnen und dann gibt's wie immer noch 2-3 Überraschungskandidaten. Freue mich jedenfalls auf die neue Tipprunde.
Vor mir brauchst Du keine Angst zu haben, ich dümpel noch immer in der 2. Tipliga vor mich hin… Aber Danke für das ausgiebige Interview und die Einsichten in Dein Tippverhalten, weiter viel Erfolg und bis zum nächsten Interview!